Legalisierung der Reerdigung

Bevor sich in Deutschland eine neue Bestattungsform wie die Reerdigung etablieren kann, braucht es unter anderem eine rechtliche Prüfung und ggf. Anpassung der Bestattungsgesetze. Hier möchten wir Sie genauer ins Bestattungsrecht einführen und was Sie selbst tun können, um die Legalisierung der Reerdigung voranzubringen.

Reerdigung und Bestattungsrecht in Deutschland

Bestattungen sind nicht nur sehr persönliche und häufig auch stark kulturell oder religiös geprägte Entscheidungen, sondern sie unterliegen auch gesetzlichen Vorgaben. Das Bestattungsrecht in Deutschland regelt, was nach dem Tod eines Menschen passiert – wer sich um die Bestattung kümmern muss, wie und wo bestattet werden darf und welche Fristen einzuhalten sind. Dieses Recht ist bundesweit nicht einheitlich geregelt, sondern liegt in der Zuständigkeit der 16 Bundesländer. Jedes Bundesland hat ein eigenes Bestattungsgesetz, das definiert, welche Bestattungs- und Beisetzungsformen erlaubt sind. Dadurch müssen neue Methoden in jedem Bundesland einzeln genehmigt werden. Auf Basis des jeweiligen Landesrechts treffen kommunale und kirchliche Friedhöfe weitere eigene Regelungen in ihren Friedhofs- und Gebührenordnungen.

Die Feuerbestattung in der heutigen Form nahm in Deutschland vor 150 Jahren ihren Anfang und hat sich inzwischen mit rund 80 Prozent als die meistgewählte Bestattungsart etabliert. In den letzten Jahren stoßen neue, alternative Verfahren wie die Reerdigung auf wachsendes Interesse – doch ihre Zulassung ist rechtlich aufwendig. Denn jede neue Methode muss einzeln und in jedem Bundesland geprüft und erlaubt werden.

Folgende Prinzipien sind für das deutsche Bestattungsrecht prägend:

  • Die Bestattungspflicht:  Eine verstorbene Person muss in Deutschland nach den gesetzlichen Vorgaben der Bundesländer bestattet werden. Die gesetzlichen Vorgaben regeln z.B. die Fristen und wer sich als totenfürsorgeberechtige Person um die Bestattung kümmert. 
  • Das postmortale Persönlichkeitsrecht: Bei allen Bestattungen ist darauf zu achten, dass die Würde der Verstorbenen stets geachtet wird und ihren Bestattungswünschen, soweit diese im Rahmen des rechtlich Zulässigen sind, entsprochen wird.  
  • Die Friedhofspflicht: Eine Beisetzung muss grundsätzlich auf einem zugelassenen Friedhof erfolgen. Hiervon gibt es in einigen Ländern Ausnahmen, wie die Beisetzung der Asche auf Hoher See (Seebestattung). Die Mitnahme der Urne nach Hause oder alternative Beisetzungsorte wie private Gärten oder Naturflächen sind gesetzlich nicht vorgesehen – mit wenigen Ausnahmen. So darf z.B. in Bremen die Urne auf Antrag auf einem Privatgrundstück oder einem ausgewiesenen öffentlichen Platz beigesetzt werden. 
  • Die Bestattungsarten: Bisher kennen die Bestattungsgesetze nur zwei Bestattungsarten: Die Erdbestattung und die Feuerbestattung (typischerweise mit Urnenbeisetzung) sind ausdrücklich gesetzlich geregelt. Mit einer sog. Erprobungsklausel ermöglicht das schleswig-holsteinische Bestattungsgesetz darüber hinaus die gesetzliche Erprobung von neuen Bestattungsarten wie der Reerdigung. 

Wo ist Reerdigung bereits erlaubt?

Ob die Reerdigung rechtlich als eine Unterform der Erdbestattung oder als eine dritte Bestattungsart einzuordnen ist, wird bisher noch unterschiedlich betrachtet. Zur Ermöglichung der Reerdigung haben einige Länder bereits erste Schritte gemacht:

Schleswig-Holstein war Anfang 2022 das erste Bundesland und das erste in Europa, das im Rahmen der bestehenden Gesetze ein befristetes Pilotprojekt für die Reerdigung in Form einer behördlichen Duldung ermöglicht hat. Nach zwei Jahren hat der Landtag in Schleswig-Holstein im Januar 2024 einstimmig eine Gesetzesänderung beschlossen, die die Erprobung neuer Bestattungsarten in einem gesetzlichen Rahmen ermöglicht. Die zuständige Ministerin für Justiz und Gesundheit, Kerstin von der Decken (CDU), begründete die Gesetzesänderung so: „Unsere Gesellschaft ändert sich und damit auch die Bestattungskultur. Mit der erfolgten Öffnung für eine wissenschaftlich begleitete Erprobung alternativer Bestattungsarten und der Reform des Bestattungsgesetzes wollen wir zu einem zeitgemäßen Umgang mit Bestattungen und Trauer beitragen.“



Das Ziel ist es, die neue Bestattungsart Reerdigung im genannten Rahmen weiter zu erproben und mit einer ausreichend großen Datenlage zu entscheiden, ob sie als dritte Bestattungsart dauerhaft im Bestattungsgesetz verankert werden soll – gleichgestellt mit den beiden etablierten Bestattungsarten Erd- und Feuerbestattung. In einem Zwischenstand zur Erprobungsphase zeigt sich das zuständige Ministerium für Justiz und Gesundheit zuversichtlich.


Die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg haben die Durchführung der Reerdigung noch nicht zugelassen. Da bei der Reerdigung – wie im Idealfall nach vielen Jahren auch bei der Erdbestattung – Erde entsteht, darf die sog. “neue Erde” im Rahmen der bestehenden Gesetze auf den Friedhöfen der beiden genannten Bundesländer eingebracht werden.

Wie ist der Stand in den anderen Bundesländern?

Stand: April 2025

Mit Ausnahme von Hessen, dessen Bestattungsgesetz mit einer Geltungsfrist versehen ist, werden die Bestattungsgesetze der anderen Bundesländer in eher unregelmäßigen Abständen novelliert, wenn neue Situationen einen Regelungsbedarf beim Gesetzgeber auslösen – vor allem aber wenn der politische Wille für eine Weiterentwicklung des Bestattungsrechts gegeben ist. Mehrere Bundesländer befassen sich aktuell mit einer Novellierung ihrer Bestattungsgesetze. Dabei wird u.a. auch diskutiert, ob und unter welchen Bedingungen neue Bestattungsarten zugelassen werden können.

Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt wollen voraussichtlich noch 2025 ihre Bestattungsgesetze novellieren. 


In Nordrhein-Westfalen gab es im November 2024 eine Sachverständigenanhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales im Landtag und erste politische Vorstöße. Allerdings ist noch keine konkrete Gesetzesänderung angekündigt.


In Berlin gibt es Bestrebungen, die Beisetzung der neuen Erde zu ermöglichen. 


Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Saarland, Sachsen und Thüringen halten an ihren bestehenden Bestattungsgesetzen fest und zeigen bislang kein Interesse an neuen Verfahren. Hier bleibt es zunächst bei den traditionellen Formen, ein politischer Wandel ist (noch) nicht in Sicht.

Viele Bundesländer beobachten sehr genau den Weg der Erprobungsphase der Reerdigung, den Schleswig-Holstein eingeschlagen hat. Schleswig-Holstein gilt hier als Leuchtturm, der weit über Deutschland hinaus ausstrahlt. Die gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen sind übertragbar und können so den Weg ebnen für die Legalisierung in weiteren Bundesländern.

Was braucht es für die Legalisierung einer neuen Bestattungsart?

Die Reerdigung ist seit 150 Jahren die erste neue Bestattungsart, die in Deutschland gesetzlich ermöglicht wurde. Es gibt nicht den einen Standardweg, um neue Bestattungsformen zu ermöglichen. Schleswig-Holstein ist das erste Bundesland, das mit der Erprobungsklausel und der zugehörigen Richtlinie für neue Bestattungsarten einen möglichen Weg aufzeichnet. Grundsätzlich müssen aber einige Punkte gegeben sein, um eine Legalisierung auf Landesebene voranzubringen.


Reerdigung weltweit

Während einige Bundesländer in Deutschland noch zögern, sind andere Staaten bereits viel weiter: In den USA wurde die Reerdigung bereits 2019 erstmals legalisiert, inzwischen ist sie (Stand: April 2025) in mehr als 10 Bundesstaaten zugelassen. Dort sind bereits sechs Anbieter mit ihrer jeweils eigenen Technologie auf dem Markt.

Zudem haben sich in Belgien, Dänemark, Frankreich, den Niederlanden, Tschechien, der Schweiz und weiteren europäischen Ländern Initiativen, Stiftungen und Vereine gegründet, die die Reerdigung in ihren Ländern gesetzlich verankern möchten. Hier stellen wir Anbieter und Initiativen vor.

Was kann ich tun, um die Reerdigung in meinem Bundesland voranzubringen?

Die Legalisierung neuer Bestattungsformen in Deutschland ist ein komplexer Prozess, der Geduld und Sensibilität erfordert. Während einige Bundesländer bereits mutige Schritte in Richtung Zukunft gehen, zögern andere noch. Das können Sie heute schon tun, um eine zukünftige Legalisierung der Reerdigung zu unterstützen:

Die Reerdigung bekannt machen:

  • Sprechen Sie mit Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis über die Bestattungsalternative.
  • Machen Sie Ihre lokale Zeitung auf das Thema aufmerksam oder schreiben Sie Leserbriefe.
  • Schaffen Sie Sichtbarkeit für die Reerdigung mit Posts und Kommentaren in den sozialen Medien.

Den Gesetzgeber überzeugen:

  • Schreiben Sie Briefe an Ihre Landtagsabgeordneten oder treffen Sie sie zum Gespräch im Wahlkreisbüro.
  • Sprechen Sie Friedhöfe, Bestatter:innen, die Kommunalpolitik oder Ihre Kirchengemeinde auf die Reerdigung an, damit sichtbar wird, dass viele Menschen sich diese Bestattungsalternative wünschen.

Fragen und Antworten zur Reerdigung