Bestattungen sind nicht nur sehr persönliche und häufig auch stark kulturell oder religiös geprägte Entscheidungen, sondern sie unterliegen auch gesetzlichen Vorgaben. Das Bestattungsrecht in Deutschland regelt, was nach dem Tod eines Menschen passiert – wer sich um die Bestattung kümmern muss, wie und wo bestattet werden darf und welche Fristen einzuhalten sind. Dieses Recht ist bundesweit nicht einheitlich geregelt, sondern liegt in der Zuständigkeit der 16 Bundesländer. Jedes Bundesland hat ein eigenes Bestattungsgesetz, das definiert, welche Bestattungs- und Beisetzungsformen erlaubt sind. Dadurch müssen neue Methoden in jedem Bundesland einzeln genehmigt werden. Auf Basis des jeweiligen Landesrechts treffen kommunale und kirchliche Friedhöfe weitere eigene Regelungen in ihren Friedhofs- und Gebührenordnungen.
Die Feuerbestattung in der heutigen Form nahm in Deutschland vor 150 Jahren ihren Anfang und hat sich inzwischen mit rund 80 Prozent als die meistgewählte Bestattungsart etabliert. In den letzten Jahren stoßen neue, alternative Verfahren wie die Reerdigung auf wachsendes Interesse – doch ihre Zulassung ist rechtlich aufwendig. Denn jede neue Methode muss einzeln und in jedem Bundesland geprüft und erlaubt werden.
Ob die Reerdigung rechtlich als eine Unterform der Erdbestattung oder als eine dritte Bestattungsart einzuordnen ist, wird bisher noch unterschiedlich betrachtet. Zur Ermöglichung der Reerdigung haben einige Länder bereits erste Schritte gemacht:
Schleswig-Holstein war Anfang 2022 das erste Bundesland und das erste in Europa, das im Rahmen der bestehenden Gesetze ein befristetes Pilotprojekt für die Reerdigung in Form einer behördlichen Duldung ermöglicht hat. Nach zwei Jahren hat der Landtag in Schleswig-Holstein im Januar 2024 einstimmig eine Gesetzesänderung beschlossen, die die Erprobung neuer Bestattungsarten in einem gesetzlichen Rahmen ermöglicht. Die zuständige Ministerin für Justiz und Gesundheit, Kerstin von der Decken (CDU), begründete die Gesetzesänderung so: „Unsere Gesellschaft ändert sich und damit auch die Bestattungskultur. Mit der erfolgten Öffnung für eine wissenschaftlich begleitete Erprobung alternativer Bestattungsarten und der Reform des Bestattungsgesetzes wollen wir zu einem zeitgemäßen Umgang mit Bestattungen und Trauer beitragen.“
Das Ziel ist es, die neue Bestattungsart Reerdigung im genannten Rahmen weiter zu erproben und mit einer ausreichend großen Datenlage zu entscheiden, ob sie als dritte Bestattungsart dauerhaft im Bestattungsgesetz verankert werden soll – gleichgestellt mit den beiden etablierten Bestattungsarten Erd- und Feuerbestattung. In einem Zwischenstand zur Erprobungsphase zeigt sich das zuständige Ministerium für Justiz und Gesundheit zuversichtlich.
Die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg haben die Durchführung der Reerdigung noch nicht zugelassen. Da bei der Reerdigung – wie im Idealfall nach vielen Jahren auch bei der Erdbestattung – Erde entsteht, darf die sog. “neue Erde” im Rahmen der bestehenden Gesetze auf den Friedhöfen der beiden genannten Bundesländer eingebracht werden.
Stand: April 2025
Mit Ausnahme von Hessen, dessen Bestattungsgesetz mit einer Geltungsfrist versehen ist, werden die Bestattungsgesetze der anderen Bundesländer in eher unregelmäßigen Abständen novelliert, wenn neue Situationen einen Regelungsbedarf beim Gesetzgeber auslösen – vor allem aber wenn der politische Wille für eine Weiterentwicklung des Bestattungsrechts gegeben ist. Mehrere Bundesländer befassen sich aktuell mit einer Novellierung ihrer Bestattungsgesetze. Dabei wird u.a. auch diskutiert, ob und unter welchen Bedingungen neue Bestattungsarten zugelassen werden können.
Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt wollen voraussichtlich noch 2025 ihre Bestattungsgesetze novellieren.
In Nordrhein-Westfalen gab es im November 2024 eine Sachverständigenanhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales im Landtag und erste politische Vorstöße. Allerdings ist noch keine konkrete Gesetzesänderung angekündigt.
In Berlin gibt es Bestrebungen, die Beisetzung der neuen Erde zu ermöglichen.
Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Saarland, Sachsen und Thüringen halten an ihren bestehenden Bestattungsgesetzen fest und zeigen bislang kein Interesse an neuen Verfahren. Hier bleibt es zunächst bei den traditionellen Formen, ein politischer Wandel ist (noch) nicht in Sicht.
Viele Bundesländer beobachten sehr genau den Weg der Erprobungsphase der Reerdigung, den Schleswig-Holstein eingeschlagen hat. Schleswig-Holstein gilt hier als Leuchtturm, der weit über Deutschland hinaus ausstrahlt. Die gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse und Erfahrungen sind übertragbar und können so den Weg ebnen für die Legalisierung in weiteren Bundesländern.
Die Reerdigung ist seit 150 Jahren die erste neue Bestattungsart, die in Deutschland gesetzlich ermöglicht wurde. Es gibt nicht den einen Standardweg, um neue Bestattungsformen zu ermöglichen. Schleswig-Holstein ist das erste Bundesland, das mit der Erprobungsklausel und der zugehörigen Richtlinie für neue Bestattungsarten einen möglichen Weg aufzeichnet. Grundsätzlich müssen aber einige Punkte gegeben sein, um eine Legalisierung auf Landesebene voranzubringen.
Über die Änderung des Bestattungsgesetzes entscheidet letztlich immer das jeweilige Landesparlament. Die Abgeordneten müssen das Thema kennen und offen dafür sein, innovative Wege zu beschreiten und eine Wahlmöglichkeit für diejenigen, die mit den beiden bestehenden Bestattungsarten hadern, zu ermöglichen. Die Initiative kann auch von der Landesregierung selbst über das zuständige Ministerium ausgehen.
Der Gesetzgeber muss also einen gesellschaftlichen Bedarf erkennen. Dafür müssen viele Menschen von der neuen Bestattungsalternative erfahren, im Bekanntenkreis, in ihrer Stadt bzw. ihrem Dorf, in der Kirchengemeinde, beim Bestattungsinstitut nebenan. Im besten Fall äußern sie ihren Willen auch gegenüber ihren Landtagsabgeordneten und bewirken so, dass sich der politische Wille formt.
Das Bestattungsrecht zählt zum Gefahrenabwehrrecht. Bevor eine neue Bestattungsform eingeführt werden kann, muss klar sein, dass sie funktioniert und von ihr weder für Mensch noch Umwelt eine Gefahr ausgeht. Das Institut für Rechtsmedizin der Universität Leipzig erforscht die Reerdigung seit 2023. Laut den bisherigen Forschungsergebnissen funktioniert der Prozess und ist sicher für Mensch und Umwelt.
Tod und Trauer gehören zu den grundlegendsten menschlichen Erfahrungen. Sie umfassen nicht nur den Tag der Bestattung bzw. Beisetzung, sondern alle Aspekte unseres Lebens. Deshalb ist die Einbindung von Bestattungsinstituten, Friedhöfen, Seelsorger:innen, Trauerbegleiter:innen und Hospizen unerlässlich, um neue Wege im Sinne der Betroffenen zu gehen und um die Akzeptanz einer neuen Bestattungsform zu stärken.
Die Legalisierung neuer Bestattungsformen in Deutschland ist ein komplexer Prozess, der Geduld und Sensibilität erfordert. Während einige Bundesländer bereits mutige Schritte in Richtung Zukunft gehen, zögern andere noch. Das können Sie heute schon tun, um eine zukünftige Legalisierung der Reerdigung zu unterstützen:
Die Reerdigung bekannt machen:
Den Gesetzgeber überzeugen:
Bestattungsrecht ist in Deutschland Ländersache. Jedes Bundesland hat dazu eigene gesetzliche Regelungen. Bislang ist die Reerdigung nur in Schleswig-Holstein im Rahmen einer gesetzlichen Erprobung möglich.
Aktuell ist die Durchführung der Reerdigung in Schleswig-Holstein im Rahmen einer gesetzlichen Erprobungsphase möglich. Darüber hinaus erlauben Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern die Beisetzung der bei der Reerdigung entstandenen Erde auf kommunalen und kirchlichen Friedhöfen.
Grundsätzlich sind Reerdigungen auf allen kirchlichen und kommunalen Friedhöfen möglich, auf denen auch klassische Erdbestattungen stattfinden, wenn die zuständigen Landesbehörden und ggf. die Friedhöfe zugestimmt haben. Aktuell ist dies in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg möglich.
Auch über die Beisetzung der neuen Erde müssen die jeweiligen Landesbehörden entscheiden. Oft ist im jeweiligen Bestattungsrecht ausschließlich die Beisetzung von Kremationsasche (in der Regel in einer Urne) und Leichnam im Sarg (teilweise auch sarglos) geregelt. Einige Bestattungsgesetze stellen für eine Beisetzung der neuen Erde insofern keine Hürde dar, als die Beisetzung als Unterform der Erdbestattung eingestuft werden kann. Darüber entscheiden die jeweiligen Landesbehörden.
Nein – wie auch bei der Asche gilt in Deutschland grundsätzlich die Friedhofspflicht: Die neue Erde muss daher auf einem Friedhof beigesetzt werden.
Wenn das Bundesland und der Träger des als Friedhof gewidmeten Waldes dies erlauben, ist eine Beisetzung im Bestattungswald denkbar. Eine weitere Möglichkeit sind auf Friedhöfen angelegte Begräbniswälder oder Baumbestattungen. Auch denkbar ist, in Absprache mit dem Friedhof einen Baum oder Strauch auf die Grabstelle zu pflanzen.
Ja, eine Überführung nach Schleswig-Holstein für die Reerdigung ist grundsätzlich möglich. Die Beisetzung der neuen Erde würde dann in Schleswig-Holstein, Hamburg oder Mecklenburg-Vorpommern erfolgen. In diesem Fall ist es wichtig, vorab mit den An- und Zugehörigen abzuwägen, ob der anfallende Überführungsweg und die womöglich wohnortferne Beisetzung finanziell und emotional tragbar sind.
Zum einen gibt es keinen etablierten Pfad zur Einführung neuer Bestattungsarten. Die letzte Neuerung dieser Art – die Einführung der Feuerbestattung – ist bereits 150 Jahre her. Zum anderen gehören Bestattungsgesetze zu einem Politikbereich, der eher selten und meist mit viel Vorlauf geändert wird. Die Zulassung neuer Bestattungsarten muss mit zahlreichen Fachstellen und Interessengruppen abgestimmt, geprüft und politisch beschlossen werden.
Am besten wenden Sie sich an die Landtagsabgeordneten aus Ihrem Wahlkreis mit Wunsch nach der Zulassung der Reerdigung. Sehr hilfreich ist es auch, in Ihrem Umfeld – ob privat oder in geeigneten Institutionen – über die Reerdigung zu informieren.
Selbst wenn keine Trauerfeier gewünscht ist oder diese von den Angehörigen selbst organisiert wird, müssen die Überführung, Kühlung und Totenversorgung des/der Verstorbenen in Deutschland von einem Bestattungsinstitut durchgeführt werden. Zudem übernimmt das Bestattungsinstitut in der Regel die Formalitäten und kümmert sich um die Einhaltung aller dafür bestehenden gesetzlichen Fristen. Ohne dieses Fachwissen kann der organisatorische Aufwand sehr groß werden und in der Trauerzeit zusätzlich belasten.